In den vergangenen Tagen sind wieder einige interessante Links zur GEMA zusammen gekommen, die es lohnt noch einmal aufzugreifen. Für mich auffällig, liest man in letzter Zeit häufiger, dass die GEMA Streitigkeiten vor Gericht zu klären versucht. Zuletzt kein allzu schlechtes Zeichen. Wenn man der GEMA-Verwaltungsebene mal unterstellen möchte, dass sie selbst nicht so wirklich glücklich mit der spürbaren Trägheit des eigenen Apparats ist, ist der Weg über die Gerichte eigentlich die beste Wahl.
Das wahrscheinlich bekannteste Beispiel ist schon seit ein paar Wochen bekannt. Geradezu proaktiv könnte man es nennen. Die GEMA verklagt den gemeinnützigen Musikpiraten e.V., weil dieser eine CD mit unter der Creative Commons Lizenz stehenden Musik veröffentlicht hat und die Interpreten eines Songs, die nur unter Pseudonym und nicht unter Klarnamen genannt werden wollen, für die GEMA nicht nachprüfbar seien. In einer Mitteilung des Musikpiraten e.V. heißt es:
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) verklagt den gemeinnützigen Musikpiraten e.V. wegen der Produktion einer CD mit unter Creative Commons-Lizenzen veröffentlichter Musik. Bei einem der veröffentlichten Titel verweigerte die GEMA die Bestätigung, dass der Song GEMA-frei ist, und verklagt nun den Verein vor dem Amtsgericht Frankfurt. Die Musikpiraten begrüßen diesen Schritt, da so die Gültigkeit der CC-Lizenzen im Zusammenhang mit pseudonymen und anonymen Veröffentlichungen erstmalig in Deutschland gerichtlich geklärt werden wird.
Die GEMA stützt ihr Vorgehen höchstwahrscheinlich auf die sogenannte GEMA-Vermutung, eine gesetzlich verankerte Bestimmung wonach sich die Beweislast zugunsten der GEMA umkehrt und dieser nachgewiesen werden muss, wenn es sich bei der Nutzung ausdrücklich nicht um Werke handelt, für deren Inkasso sie zuständig ist. Die Urteilsverkündung ist auf den 27. August 2012 festgesetzt.
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Über einen Link in den Kommentaren kommt man auf einen weiteren Fall, der die GEMA-Vermutung betrifft und gerichtlich geklärt wurde. Infolge der Globalisierung, wie auch Digitalisierung steht die GEMA vor immer mehr Herausforderungen, fremde Sprachen und Schriftzeichen zum Beispiel. Beim Amtsgericht Frankfurt am Main hat sich die GEMA nun die Gewissheit geholt, dass man sich diesen auch stellen muss. Heise Online berichtet. (btw. und ein ganz anderes Thema: Wie ist das eigentlich nun, wenn der große Heise Verlag von GEMA-Mitarbeitern schreibt, diese aber in erster Linie Mitarbeiterinnen sind?)
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Ebenfalls vor Gericht hat die GEMA geklärt, dass ein Clubbetreiber und Vermieter eines Veranstaltungsortes nicht automatisch Mitveranstalter und mitverantwortlich für die Musiknutzung ist. Der Rechsanwalt Thomas Stadler berichtet in seinem Blog:
Die GEMA hatte die Ansicht vertreten, dass Veranstalter auch derjenige sei, der durch das Zurverfügungstellen der Räume einen adäquaten Beitrag zur späteren Verletzungshandlung leistet.
Dem ist das Landgericht Düsseldorf nicht gefolgt. Das Landgericht weist in seinem Urteil darauf hin, dass ein derart weiter Veranstalterbegriff im Ergebnis auf eine Störerhaftung des Vermieters hinauslaufen würde.
Diese Gleichstellung von (Mit-)Veranstalter und Störer ist nach Ansicht des LG Düsseldorf aber mit dem Veranstalterbegriff nicht vereinbar.
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Dass man sich im Streit um die neuen Veranstaltungstarife, die die GEMA für 2013 angekündigt hatte, auf das Urteil unabhängiger Dritter, der Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) verlässt, davon sind wahrscheinlich bisher vor allem die Clubbetreiber ausgegangen. Warum die GEMA diesem Prozess aber mit dem Abschluss eines Gesamtvertrags mit dem Bund Deutscher Karneval e.V. (BDK) eingrätscht, ist unklar. Da die GEMA dazu verpflichtet ist, jedem die gleiche Konditionen anzubieten, wurden damit offensichtlich Fakten geschaffen. Wie auch immer dieser Vorgang zu werten ist, ein Zeichen von Dialog ist das jedenfalls nicht. In der Pressemitteilung der GEMA heißt es, dass das Schiedstellenverfahren aktuell noch läuft. Mit dem neuen Vorstoß wird wohl klar, dass nicht nur die eine Seite mit Petition und Demonstrationen versucht öffentlich Druck aufzubauen, sondern auch die GEMA einiges tut, sich Vorteile zu verschaffen. Es geht um Macht. Hoffentlich auch um Gerechtigkeit. Und der Urheber? Die Berliner Morgenpost untertitelt schon: „Das Urheberrecht wird zur Posse„.
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Im Feedreader bin ich auf das Soundtrackstudio gestoßen, die damit werben GEMA-freie Musik anzubieten. „Das Soundtrack-Studio produziert GEMA-freie Filmmusik und ist ein Angebot der Filmagentur GmbH“, heißt es auf deren Internetseite. Warum man als Produzent von Filmmusik sich mit dem Merkmal GEMA-frei so offensiv platziert, war mir nicht klar. Dort einfach mal nachgefragt, bekam ich interessante Antworten, die zeigen, wie es in der Praxis eigentlich auch aussieht.
Für Unternehmen ist es nämlich aus zweierlei Gründen nicht nur unpraktisch, sondern fast nicht realisierbar GEMA-Material für die Unternehmenspräsentation zu nutzen. Der erste Grund: Jedes Unternehmen arbeitet mit feste Budgets. Der zweite Grund: z.B. für jeden Messeauftritt oder sonstige öffentliche Präsentation müsste eine extra Vereinbarung oder Anmeldung bei der GEMA geschehen. Zusätzliche Abrechnungen und Buchungsvorgänge kämen hinzu.
Für die Unternehmen ist es wichtig, möglichst nur einmal eine Vereinbarung zu treffen und nur einmal zu zahlen, da jeder zusätzliche Vorgang die tatsächliche Ausgaben unberechenbarer macht und damit ein Hindernis in der Arbeit darstellt. Es geht dabei nicht darum, dass weniger für die Nutzung der Komposition gezahlt werden soll, für die Unternehmen ist es finanziell erst einmal egal, ob sie gleich mehr bezahlen oder dann hinterher über die Abrechnung mit der GEMA.
Einen interessanten Effekt hat das auch für den Komponisten. Dieser verdient nämlich mit jedem Stück, dass er schreibt tatsächlich auch Geld, was ja für einen Musiker so in der Regel nicht zutrifft. Der Nachteil ist natürlich, dass man dann nicht so sehr frei in der Komposition ist. (Übrigens sind an dieser Stelle gewisse Parallelen zur Finanzierung über Crowdfunding zu ziehen.)
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Zusammenfassen kann man festhalten, dass es an erstaunlich vielen Stellen an der GEMA-Vermutung bröckelt.